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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 40.2007

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Ziegler, Frank-Thomas: Mitteleuropa im Spiegel der Kunstgeschichtsschreibung am Brukenthalmuseum 1948 - 2006
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https://doi.org/10.11588/diglit.52534#0259

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men und Kamäen, eine Waffensammlung, eine Mi-
neraliensammlung und schließlich auch das Stadtpa-
lais, in dem sie gemäß der testamentarischen Verfü-
gung Samuel von Brukenthals weiterhin gelagert und
zugänglich gehalten werden soll. Neben dem genann-
ten wird zusätzlich noch jener zweite Sammlungsbe-
stand restituiert, der nach dem Tode Brukenthals
zwischen 1803 und 1948 aufgebaut wurde. In die-
sem Zeitraum wurde das Palais zur wichtigsten Sam-
melstätte von Kunstwerken aus siebenbürgisch-säch-
sichen Gemeinden. Sie wurden zum Zwecke der Si-
cherung hierher verbracht, befanden sich aber zum
Zeitpunkt der Verstaatlichung teils immer noch im
Besitz der Gemeinden. Man sammelte „kirchliche
Altertümer“ wie gotische Tafelmalerei und Plastik,
vasa sacra, osmanische Teppiche, Inkunabeln, Ma-
nuskripte, aber auch schriftliche Nachlässe, Fotogra-
fien und Clichés, ethnographisch Interessantes und
nicht zuletzt Gemälde und Grafiken von siebenbür-
gischen Künstlern des 19. und 20. Jahrhunderts.
Jene Güter, die nach 1948 in die Kunstgalerie
gelangt sind, bleiben im Besitz des rumänischen Staa-
tes. Dabei handelt es sich vor allem um Kunstwerke,
die einen dritten großen Sammlungsbestand des
Museums ausmachen: Gemälde und Graphiken von
siebenbürgischen, besonders rumänischen Künstlern
des 19- und 20. Jahrhunderts. Grundstock dieses
Sammlungsbestandes sind 497 Gemälde rumänischer
Künstler, die nach der Auflösung des traditionsrei-
chen Hermannstädter ASTRA-Museums im Jahre
1950 ins Brukenthalmuseum verbracht wurden — die
Museumsbestände rumänischer Kunst aus der Zeit
bis zum 19-Jahrhundert sind hingegen unbedeutend.
Die Erweiterung der Pinakothek war seit 1948
darüber hinaus gering.
Obschon die Evangelische Kirche heute aufgrund
der Aufsplitterung der älteren Bestände in allen Mu-
seen und Häusern des Komplexes zahlreiche und be-
deutende Gegenstände besitzt, kann sie gegenwär-
tig, nach dem Verlust ihrer Gemeinden, den Betrieb
keines einzigen Museums mehr alleine gewährleis-

Der Beirat hat sich am 17. Oktober 2006 bei seiner ersten
Sitzung in Hermannstadt konstituiert. Ihm gehören als Grün-
dungsmitglieder neben dem Generaldirektor des Brukenthal-
museums Prof. Dr. Alexandru Avram (Lucian-Blaga-Univer-
sität, Hermannstadt), Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch (Bun-
desinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im öst-
lichen Europa, Oldenburg), Dr. Dr. h.c. mult. Christoph

ten. Die der Kirche gehörenden Bestände und das
Palais werden aufgrund dieses Umstandes an das ru-
mänische Kultusministerium zu einem symbolischen
Preis vermietet. Das Kultusministerium übernimmt
weiterhin die Unterhaltskosten und stellt das Perso-
nal. Die Evangelische Kirche erhält im Gegenzug die
Hälfte aller Sitze in den zwei Leitungsgremien, dem
Verwaltungsrat und dem Wissenschaftlichen Beirat.
Satzungen müssen allerdings noch erstellt werden. Um
kompetente Vertretung besorgt, hat die Evangelische
Kirche den Arbeitskreis für Siebenbürgische Landes-
kunde (Gundelsheim am Neckar, Deutschland) für die
Mitarbeit in diesen Gremien gewinnen können.5
Das Brukenthalmuseum befindet sich also in ei-
ner unerhörten Umbruchphase. Während es weiterhin
von der staatlichen Museumsinstitution geführt wird
und damit eine gewisse Kontinuität zu erwarten ist,
hat das neue Verwaltungsgremium erstmals seine
Befugnisse ausgespielt, um die Weichen für einen
Neustart zu stellen. Das Museum hat im Frühling
2006 nach fast 50 Jahren erstmals wieder ein Direk-
torium erhalten, das nicht eine Folge der parteipoli-
tischen Sachlage darstellt, sondern von einem neuen
Berufungsgremium, bestehend aus Vertretern von
Staat und Evangelischer Kirche, ermittelt worden ist.
Gleichzeitig wurde mir von der Evangelischen Kir-
che die Gelegenheit eingeräumt, einen Museumsleit-
plan, d.h. ein auf einer Situationsanalyse beruhendes
Grobkonzept für die Neuaufstellung des Brukenthal-
museums zu erarbeiten. Ziel war es, der alleingelas-
senen Evangelischen Kirche einen strukturierten Sa-
nierungsvorschlag für das Museum von unabhängi-
ger Seite zukommen zu lassen, wobei Sanierung in
dreifacher Hinsicht gemeint ist: die Sanierung der
materiellen Substanz, des Managements und der
Ausstellungspolitik. Da aber einerseits das im Okto-
ber 2006 eingereichte Konzept mittelfristig angelegt
ist und andererseits das Hermannstädter Kultur-
hauptstadtjahr 2007 bevorsteht, greift das Direkto-
rium auf einen eigenen Notplan zurück. Die seit
mehreren Jahren laufenden Renovierungsarbeiten am
Machat (Rheinisches Amt für Denkmalpflege, Brauweiler),
Dr. Zeno Karl Pinter (Unterstaatssekretär im Minderheiten-
departement der Regierung Rumäniens, Bukarest), Dr. Ha-
rald Roth (Siebenbürgen-Institut, Gundelsheim), Prof. Dr.
Nicolae Sabäu (Babes-Bolyai-Universität, Klausenburg) und
Dr. Erika Schneider (WWF, Rastatt) an.

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